Feminismus bedeutet, eine gerechte und gleichberechtigte Zukunft für alle zu schaffen. Es gilt Errungenschaften zu schützen und auf dem Erreichten aufzubauen. Mit der Bundesregierung hat sich auch EVA-MARIA HOLZLEITNER einen konkreten Fahrplan vorgenommen, der Schritt für Schritt umgesetzt werden soll. Gleichstellung gelingt dann, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten.
I. Lohnunterschiede in die Geschichtsbücher!
Frauen haben heute mehr Chancen als Generationen vor ihnen, sie haben in der Bildung aufgeholt und in vielen Bereichen die Männer überholt, sie haben sich Zugang zu allen Berufen erobert. Aber die Lohnschere schließt sich viel zu langsam. Bis zu einer echten Gleichstellung ist es noch ein weiter Weg. Lohnunterschiede müssen endlich der Vergangenheit angehören. Dafür ist Lohntransparenz wichtig. Frauen sollen wissen, wieviel ihre Kollegen verdienen. Das schafft Klarheit und hilft ihnen, ihr Recht auf gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durchzusetzen.
II. Neue Chancen eröffnen
Mädchen und Frauen sollen ihren beruflichen Weg so gehen können, wie sie es sich vorstellen. Dabei sollen sie im Laufe ihres Lebens immer wieder neue Chancen und Bildungsperspektiven bekommen. Berufsplanung ist ein laufender Prozess. Die Arbeitswelt ist in einem rasanten Wandel. Es ist wichtig, dass wir rasch und gezielt auf Entwicklungen am Arbeitsmarkt reagieren. Durch die Digitalisierung verändern sich ganze Berufszweige. Gerade dort, wo einzelne Berufsfelder sich neu formen, sind gute Weiterbildungsangebote entscheidend. Daher haben wir ein umfassendes Arbeitsmarktpaket mit einer Qualifizierungsoffensive beschlossen. Das ist in Zeiten, wo in einzelnen Branchen laufend Fachkräfte gesucht werden, ein wichtiger Motor für die Wirtschaft. Mit einer Pflegeoffensive, einer Klimaoffensive und maßgeschneiderten Ausbildungsangeboten für die Region werden wir neue Chancen schaffen. Auch ein guter Zugang von Frauen zu technischen und handwerklichen Berufen spielt dabei eine große Rolle.
III. Gerechte Arbeitsteilung
Ein Schlüssel für die Gleichstellung ist eine gerechte Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit. Derzeit arbeitet mehr als die Hälfte aller Frauen in Teilzeit. Das bedeutet weniger Einkommen und weniger Pension. Viele Teilzeitbeschäftigte würden gerne länger arbeiten und mehr verdienen, wenn die Rahmenbedingungen passen. Dazu gehören ganztägige Kindergartenplätze und mehr Ganztagsschulen. Wir wollen den Ausbau rasch vorantreiben. Wichtig ist das zweite verpflichtende kostenlose Kindergartenjahr, auf das wir uns in der Regierung geeinigt haben. Das fördert die Vereinbarkeit und ist ein Schritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit.
IV. Halbe Halbe
Noch immer sind es vorwiegend die Frauen, die für den Alltag in den Familien zuständig sind. Kinderbetreuung, Sorgearbeit, Pflege der Angehörigen – für Frauen bedeutet zuhause oft nur Schichtwechsel. Für die eigenen Bedürfnisse ist meist viel zu wenig Platz. Da braucht es eine bessere, eine gerechtere Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern. Ein Blick in andere Länder Europas zeigt, was alles möglich ist. So gehen beispielsweise in Norwegen neun von zehn Männer in Karenz. Dabei zeigt sich, dass alle davon profitieren. Für Männer ist es eine Möglichkeit, früh Verantwortung zu übernehmen und eine gute Beziehung zum Kind aufzubauen. Für Frauen ist es eine Chance in ihrem Beruf voranzukommen und gleichzeitig mehr Zeit für die eigenen Bedürfnisse zu haben. Für uns ist klar, wo der Weg hingehen soll: Halbe Halbe in allen Bereichen!
V. Mehr Freiräume
Eine gerechte Arbeitsteilung hat viele Vorteile. Geteilte Verantwortung in allen Lebensbereichen schafft Freiräume, die für ein gesundes und erfülltes Leben so wichtig sind. Wir müssen endlich weg kommen von patriarchalen Ideologien und Rollenmustern. Frauen übernehmen immer noch zwei Drittel der unbezahlten Arbeit. Das soll sich ändern. Dafür braucht es einen gesellschaftlichen Diskurs und gute Vorbilder. Gleichstellung und Gesundheit gehen Hand in Hand.
VI. Forschung ausbauen
Frauengesundheit soll den zentralen Stellenwert bekommen, den sie verdient. Wir wollen sämtliche Erkenntnisse der Medizin für eine gute Gesundheitsversorgung nutzen. Dabei setzen wir einen Schwerpunkt auf Gender Medizin, die auf die verschiedenen Bedürfnisse von Frauen und Männern eingeht. Wir wollen die Forschung ausbauen und das Angebot für Vorsorge und medizinische Behandlung auf die Bedürfnisse von Frauen anpassen. Einen weiteren Fokus setzen wir in der Regierung auf Endometriose, eine Erkrankung, die sehr viele Frauen betrifft, und dennoch viel zu wenig bekannt und erforscht ist. Auch Zyklus- und Wechselbeschwerden gehören aus der Tabuzone heraus. Jede und jeder hat das Recht auf die beste Gesundheitsversorgung.
VII. Für eine gute Zukunft
Frauen in der Wissenschaft und Forschung sollen die Chance haben, die gläserne Decke zur durchbrechen. Mehr Frauen in Wissenschaft und Forschung – das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch generell eine Chance für unsere Gesellschaft. Wir brauchen neue Sichtweisen und kreative Ansätze. Um in der Frauenpolitik voranzukommen, sind fundierte Daten hilfreich: Den Frauenbericht und die Zeitverwendungsstudie werden wir neu auflegen. Auch in anderen Bereichen ist eine gute wissenschaftliche Datenbasis notwendig. Wir wollen dort ansetzen, wo es am dringendsten notwendig ist.
VIII. Die Demokratie schützen
Gleichstellung ist eine Frage, die das Fundament unseres Gemeinwesens und unseres Staates betrifft. Auf der ganzen Welt zeigt sich mit aller Deutlichkeit: Wo immer Frauenrechte bedroht sind, wo immer die Gleichstellung in Frage gestellt wird, ist die Demokratie in Gefahr. Die Demokratie ist eine Errungenschaft, die es zu bewahren und zu schützen gilt. Demokratie lebt von Mitbestimmung, von Gestaltungsmöglichkeiten und von der Teilhabe aller. In Zeiten, in denen mit Falschmeldungen immer wieder die Grundlagen unseres Staates in Frage gestellt werden, sind Bildung und Wissenschaft ein Bollwerk gegen Rechtsextremismus und Hetze. Da werden wir mit aller Kraft dagegenhalten und den Zusammenhalt stärken.

Eva-Maria Holzleitner © Kurt Prinz
IX. Mehr Sicherheit
Ein zentrales Anliegen ist es, die Sicherheit zu erhöhen. Wir müssen alles tun, um die Gewalt an Frauen zu stoppen! Daher freue ich mich über den breiten Schulterschluss in der Bundesregierung: Der Nationale Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen wird kommen. In enger Kooperation mit allen Ministerien sowie mit NGOs, Fachstellen und der Wissenschaft arbeiten wir gezielte Maßnahmen aus, um Lücken im Gewaltschutz zu schließen. Ein erster Schritt ist eine gesetzliche Handhabe gegen das unaufgeforderte Versenden von Penisbildern, ein Dick-Pic-Paragraf. Frauen sollen sich gegen diese Form der sexuellen Belästigung im digitalen Raum wehren können und wissen, dass sie im Recht sind. Die Täter sollen zur Verantwortung gezogen werden.
X. Schutz bieten
Gewalt ist kein Einzelschicksal, sie trifft Frauen jeden Alters, unabhängig von Herkunft, Religion oder sozialem Hintergrund. Gewalt hat viele Formen und beginnt oft schleichend. Es gilt, in der Prävention möglichst früh anzusetzen. Hier sind alle Ministerien gefordert, einen Beitrag zu leisten. Hier ist auch jede und jeder Einzelne von uns gefordert, aufmerksam zu sein, nicht wegzusehen und Hilfe anzubieten. Gewalt ist keine Privatsache, sondern ein strukturelles Problem und verlangt strukturelle Antworten. Jede Frau hat das Recht auf ein Leben frei von Gewalt, auf finanzielle Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.
XI. In allen Bereichen
Wir kommen in der Frauenpolitik rasch voran, wenn wir in allen Bereichen gute Voraussetzungen und Chancen schaffen. In der Bundesregierung haben wir mit Justizministerin Anna Sporrer, Gesundheits- und Sozialministerin Korinna Schumann und den Staatssekretärinnen Ulrike Königsberger-Ludwig und Michaela Schmidt starke Bündnispartnerinnen für eine feministische ZUKUNFT. Gleichstellung ist die Grundlage einer funktionierenden und lebendigen Gesellschaft. Es geht um faire Chancen, um Solidarität und Zusammenhalt. Dafür setzen wir uns alle gemeinsam mit ganzer Kraft ein. Denn klar ist: Es gibt noch viel zu tun!
EVA-MARIA HOLZLEITNER
ist Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung und Frauenvorsitzende der SPÖ.