Artikel aus der Ausgabe 01/2008
Die Wirtschaftspolitiker der reichen Länder sind besorgt – China ist zu billig. Verlangt wird, dass es seine Währung aufwerte. Das würden die chinesischen Waren im Rest der Welt teurer machen. Die USA und Europa würden weniger aus China importieren. Man fühlt sich von China bedroht. Ich verstehe das nicht. Es ist doch gut für uns, wenn die Chinesen uns Waren liefern, für die sie keine unmittelbare Gegenleistung erhalten.
Ein Land mit noch immer sehr niedrigem Lebensstandard für fast die ganze Bevölkerung borgt den reichsten Wirtschaften der Welt Kapital. Nicht nur das. Die längste Zeit hat China vor allem niedrig verzinste Staatspapiere der USA erworben. Jetzt verliert China durch die Aufwertung seiner Währung. China hat also riesige Schenkungen an die USA geliefert. Ist das nicht nett von den Chinesen?
Nein, es ist absurd und Ergebnis einer falschen Politik. Man soll viel exportieren und wenig importieren – dann wird ein Land reich. In der Wirtschaftstheorie ist diese Position zwar seit über 230 Jahren erledigt, aber in der Politik hält sie sich. Die Folgen dieser Politik: Waren, die man ins Ausland bringt, stehen der eigenen Bevölkerung nicht zur Verfügung. Die Textilien, Spielsachen und alle anderen Güter aus China, die wir angenehmerweise zu sehr niedrigen Preisen kaufen, können nicht in China gekauft werden.
Würden denn die Chinesen diese Güter kaufen? Haben sie das Geld dazu? Ja – sobald die Einkommen dort steigen. Sie würden bei höheren Einkommen auch mehr aus Europa und den USA importieren. Tatsächlich bleibt der Verbrauch der Chinesen hinter der eigenen Produktion seit dem Beginn der Wirtschaftsreformen zurück. Konnte man früher in China die Armut nicht verringern, weil zu wenige Waren produziert wurden, so ist das jetzt auch eine Folge dessen, dass zu viele Güter ins Ausland gebracht werden.
Diese Verhältnisse können an zwei Zahlen demonstriert werden: Fast 50 Prozent der Arbeitskräfte in China sind in der Landwirtschaft tätig. Der Wert der landwirtschaftlichen Produkte macht aber nur etwas über zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Landwirtschaft liefert also zu sehr niedrigen Preisen ihre Produkte an die Industrie. Dadurch können die Löhne dort niedrig gehalten werden mit den entsprechenden Konsequenzen für den Export.
Das Problem könnte gelöst werden, wenn der Staat für höhere Einkommen in der Landwirtschaft sorgte. Die Bauern würden mehr Güter aus der Industrie nachfragen und die chinesische Wirtschaft könnte ein Gleichgewicht erreichen ohne dass ein großer Exportüberschuss notwendig wäre. Eine andere Methode dieses
Ziel zu erreichen: Ausbau der sozialen Infrastruktur. Wie wäre es mit der Errichtung von mehr Gesundheitszentren, einer Förderung des Wohnbaus, einer Verbesserung des öffentlichen Verkehrs?
Dazu sind wahrscheinlich auch mehr Importe notwendig. Mit den hohen Exporten könnten sie finanziert werden. Eine Aufwertung des chinesischen Yuan wäre ein Schritt zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage für viele Menschen in China. Durch die damit verbundene Erleichterung der Importe könnte der Lebensstandard etwas steigen. Wenn man akzeptiert, dass das Volumen der Exporte etwas zurückgeht, würden der größte Teil der exportierenden Unternehmen besser verdienen. Es wird schließlich nur der Wettbewerb zwischen China und anderen armen Ländern beeinflusst. Der Wettkampf zwischen chinesischen Unternehmen würde nicht beeinflusst werden. Die Aufwertung wäre für sie eine Vereinbarung eines Kartells, den Preis anzuheben. Wir müssten mehr zahlen, die Chinesen würden gewinnen. Die Welt wäre besser.