Eine der Hauptgefahren, die Eric Hobsbawm 1995 am Ende des Zeitalters der Extreme sah, war der Erfahrungsverlust von Vergangenheit und das Aufgehen in einer „permanenten Gegenwart“. Dies entsprach in der Zeit nach dem Fall der Mauer am angeblichen „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama) auch einem fehlenden Bewusstsein für die ideologischen Konstellationen, aus denen sich nach der Französischen Revolution im Rahmen des 19. und 20. Jahrhunderts die demokratischen und sozialstaatlichen Institutionen in Europa herausgebildet und stabilisiert haben. Drei Jahrzehnte später – angetrieben von einer digitalen Revolution, die den Zugriff auf vormals unvorstellbare Mengen an Informationen ermöglicht und einen unregulierten Marktplatz an (extremen) Deutungshoheiten und Indoktrinationen geschaffen hat – scheint diese Gefahr noch um einiges virulenter geworden zu sein …
Editorial ZUKUNFT 07/2024 Umverteilung – VON ALESSANDRO BARBERI UND CONSTANTIN WEINSTABL
Seit jeher ist der Problemkreis der Umverteilung (von Oben nach Unten) ein zentrales Anliegen der Sozialdemokratie. Sei es, dass gravierende Einkommens- und Klassenunterschiede diskutiert werden, sei es, dass die ungerechte materielle Ressourcen- und Energieverteilung in unserer Gesellschaft vor Augen steht oder sei es auch, dass deutliche Ungleichheiten und Selektionsmechanismen in unserem Bildungssystem auszumachen und zu kritisieren sind.
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