MARIO LINDNER diskutiert eingehend die Problemfelder Queere Rechte, Feminismus sowie die Gleichstellung von Migrant*innen, die in der Linken immer öfter als „Identitätspolitik“ abgetan und in einen vermeintlichen Widerspruch zur sozialen Frage gestellt werden. Insgesamt fordert er zu einem Projekt radikaler Solidarität auf …
Einleitung
Über Gleichheit zu reden ist oft nicht einfach. Gerade in der Linken erleben wir in den letzten Jahren eine Debatte, die Identitätspolitik gegen die sozialen Fragen ausspielt. Das Narrativ dahinter ist, zumindest für die Verfechter*innen eines Zugangs, der wieder die „harten“, sozialen Themen ins Zentrum rücken will, ziemlich simpel: Viel zu lange haben sich die Linken und Progressiven „Orchideenthemen“ zugewandt. Sie haben Minderheiten bedient und deren Interesse vor die Interessen der Mehrheit gestellt … und sie haben damit verloren. Von Hillary Clinton in den USA bis zu Christian Kern in Österreich müssen sich diesen Vorwurf eine ganze Reihe von Sozialdemokrat*innen anhören. Und ein Funken von Wahrheit steckt in dieser Anklage schon drin.
Denn während Sozialdemokrat*innen und Sozialist*innen in den vergangenen Jahrzehnten, spätestens seit den 1990er-Jahren, immer seltener die Verteilungsfrage gestellt haben, haben sich Themen wie Frauenrechte, Migration und LGBTIQ-Themen[1] immer stärker durchgesetzt. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Gesellschaft wieder: Immer mehr Gruppen artikulieren heute ihre Forderungen und kämpfen für ihre Grund- und Menschenrechte. Der Einsatz für mutige Umverteilung oder eine gerechte Arbeitswelt wurde dagegen leiser. Gerade hier wirkte die Sozialdemokratie oft eher wie die mutlose Verteidigerin eines alten Systems, das schon längst nicht mehr für alle funktioniert … und weniger wie die Vorkämpferin von Reformen für die Vielen.
Doch am Ende des Tages ist die Idee, dass die richtige Antwort auf verteilungspolitische Mutlosigkeit das Kleinmachen, Belächeln und Wegdrängen von Fragen der Gleichheit und der Menschenrechte sei, vor allem eines: Billig. Dieser Zugang ist nicht nur ideologielos, sondern übernimmt ganz bewusst Diskurse von Neoliberalen und Rechten, die auf Spaltung setzen. Dabei werden nicht nur historische, sondern auch tagespolitische Fakten ignoriert. Stattdessen wird ein rechtes Narrativ übernommen, das so alt ist, wie der politische Wettbewerb selbst: Nämlich jenes, dass man die Fragen von Gleichheit und Gerechtigkeit nicht miteinander verbinden kann – oder zeitgemäßer in den Begriffen Trumps formuliert – dass die linken Eliten sich nur für die Rechte von Minderheiten einsetzen, weil sie in Wahrheit gegen die Rechte der Arbeiter*innen und wirtschaftlich Schlechtergestellten seien.
Ein moderner Ansatz für linke Politik muss sich von genau diesen verfahrenen und historisch gescheiterten Modellen lösen. Ganz simpel gesagt: Uns muss klar sein, dass auch schlecht bezahlte Schwule am Bau hackeln und Transfrauen mit Fluchterfahrung in unseren Krankenhäusern arbeiten … sie alle haben nicht nur das Recht auf guten Lohn und gerechte Arbeitsbedingungen, sondern auch darauf nicht diskriminiert und gesellschaftlich abgesichert zu werden. Der Gegensatz zwischen der „weißen, heterosexuellen, männlichen Mehrheit“ und den „Randgruppen“ ist konstruiert und verschleiert nur die echten Probleme unserer Gesellschaft, die in Wahrheit alle von uns betreffen.
Einen Teil der Gesellschaft gegen einen anderen Teil auszuspielen ist und bleibt genauso falsch, wie zu glauben, dass wir mit sozialer Absicherung einen Teil des guten Lebens politisch erreichen können, ohne gleichzeitig ein diskriminierungsfreies, selbstbestimmtes Leben umzusetzen. Soziale Themen und Gesellschaftspolitik sind weder Widerspruch noch Konkurrenten, sie gehören zusammen. Vielfalt muss am Ende des Tages, gerade für uns Linke, immer eine soziale Frage sein!
Der linke Mythos von den Orchideenthemen
Kaum ein Beispiel zeigt diesen schwelenden Konflikt zwischen sozialen und gesellschaftlichen Themen wohl aktuell so deutlich, wie die Debatte innerhalb der deutschen Linkspartei. Nun ist Sahra Wagenknecht in den letzten Jahren nicht gerade mit sensiblen oder respektvollen Aussagen aufgefallen, wenn es um die Frage von Menschenrechten ging. Mit ihrem neuen Buch sorgt sie aber gerade jetzt für eine neue Welle der Empörung.
In Die Selbstgerechten wendet sich Wagenknecht laut ersten Auszügen in den sozialen Medien gegen „immer kleinere und skurrilere Minderheiten“, die den Anspruch hätten, „ein Opfer zu sein“. „Sexuelle Orientierung, Hautfarbe oder Ethnie dagegen funktionieren immer“, so die Politikerin, wenn es darum in der „Lifestyle-Linken“ Anerkennung zu bekommen. Linke Parteien helfen
„die Fokussierung auf die Zielgruppe der Lifestyle-Linken und ihre Debatten um Denk- und Sprachverbote sowie Identitätspolitik nicht […]. Solche Diskussionen werden von einem Großteil der Bevölkerung als abgehoben wahrgenommen und gehen an den Problemen vorbei, die ein normaler Arbeitnehmer in seinem Alltag hat.“ (zit. nach Laubenburg 2021)
Wagenknecht steht mit dieser Meinung nicht allein da. Ihr Buch ist vielmehr Ausdruck eines Diskurses der schon lange innerhalb linker, progressiver und teilweise sogar sozialliberaler Zirkel schwelt. Dass sie auf diesen Zug aufspringt, sorgt aber zu Recht für Empörung. Nicht nur aus ihrer eigenen Partei und der deutschen SPD schlägt ihr für solche Behauptungen Gegenwind entgegen, sondern sogar die AfD mischt sich online mit Freude in den Streit der linken Reichshälfte ein und lobt Wagenknechts Abrechnung mit Identitätspolitik.
Worum geht’s wirklich bei den ideologischen Unterschieden zwischen Links und Rechts? Um unseren Blick auf die Welt. Nicht nur einzelne Teile der Welt, sondern die gesamte Gesellschaft in der wir leben, arbeiten und existieren. Schon aus der Tradition linker, sozialdemokratischer und sozialistischer Bewegungen heraus wissen wir, dass wir nicht einen Teil des Lebens gegen einen anderen ausspielen können. Zu Recht war die Gründungsidee der Sozialdemokratie ja nicht nur, durch gute Löhne und gerechte Arbeitsbedingungen für Fortschritt zu sorgen … wir haben immer erkannt, dass zum Leben mehr gehört. Freizeit, Entfaltung, Wissen, die Möglichkeit zu sein und zu leben, wie wir sind – all das ist auch eine soziale Frage und als genau solche nicht zu trennen von Wirtschaft, Verteilung und Arbeitswelt. Egal ob wir, wie ich selbst, aus einem Dorf in der Steiermark stammen oder mit Fluchterfahrung nach Österreich gekommen sind, egal ob wir als Frau gegen gläserne Decken im Job ankämpfen oder als schwuler Jugendlicher um Anerkennung in der Lehre kämpfen.
Wenn Wagenknecht also sagt: „Es gibt kein gemeinsames Interesse der Nachfahren von Einwanderern aus muslimischen Ländern oder der Homosexuellen oder gar der Frauen, das über die rechtliche Gleichstellung und generelle Nichtdiskriminierung hinausgeht“ (zit. nach Laubenburg 2021) dann zeigt sie uns vor allem eines: Dass dieser vermeintlich linke Blick auf die Welt in eine Sackgasse gelaufen ist. Der Weg hinaus – und in Wahrheit der Weg nach vorn – kann und wird nur durch ein neues politisches Projekt funktionieren: Ein Projekt, das endlich jeden Bereich unseres Lebens als eine untrennbare, unspaltbare soziale Frage begreift.
Über die ersten Opfer rechter Politik
Doch bevor wir uns dieser Zukunftsperspektive zuwenden, hilft ein Blick in die Vergangenheit und Gegenwart. „Nichts ist für eine erfolgreiche Praxis so nützlich, wie eine gute Theorie“, sagte schon Bruno Kreisky zurecht. Und die Basis jeder guten Theorie ist und bleibt die Analyse, das genaue Hinschauen auf die Herausforderungen und Probleme einer Gesellschaft. Genau dieses Hinschauen zeigt uns aber eines: In der Geschichte, genauso wie heute, sind es vor allem Minderheiten, welche die ersten Opfer rechter Politiken und Diskurse sind. Spalten, auseinanderdividieren und gegeneinander ausspielen – das sind Muster, die so alt sind, wie die Menschheit selbst. Im 20. Jahrhundert haben wir gesehen, zu welch furchtbaren Ergebnissen das führen kann.
Als der Vorreiter der Sexualwissenschaft und frühe Gleichstellungsaktivist Magnus Hirschfeld 1919 in Berlin das weltweit einzigartige Institut für Sexualwissenschaften gegründet hat, schuf er nicht nur eine wissenschaftliche Einrichtung, sondern auch einen sicheren Ort für Schwule, Lesben und Transpersonen. Seine Arbeit war, trotz vieler Detailkritik, die sie verdient hat, Ausdruck eines Aufbruchs im Berlin der Weimarer Republik. In der zeitgenössischen Literatur sehen wir genauso wie in Zeitzeug*innen-Berichten, welche Bedeutung diese Stadt insbesondere in den 1920er-Jahren für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten hatte.
„Die erste schwullesbische Bewegung blühte im Berlin der 1920er Jahre. […]. Bei aller Feindseligkeit entwickelte sich aber auch eine neue Sichtbarkeit gleichgeschlechtlicher Liebe. Sie beschränkte sich auch nicht allein auf das großstädtische Nachtleben.“ (Schymura 2013)
So beschreibt beispielsweise Die Zeit das schwullesbische Leben im Berlin jener Zeit.
Trotz des gesetzlichen Verbotes von Homosexualität wurde dieses Treiben in der deutschen Hauptstadt nicht nur heimlich vollzogen, sondern großteils offen toleriert. Zu polizeilicher Verfolgung kam es nur in den seltensten Fällen – vor allem wohlhabende Personen waren davon kaum betroffen. Und so ist es kein Wunder, dass sich genau diese Akzeptanz in Berlin rasch zu einem prominenten Feindbild des Nationalsozialismus entwickelte. In Reden hetzte Hitler in ganz Deutschland massiv gegen die „Unzucht“ in der Hauptstadt, mit der Machtergreifung der Nazis endete das Wegschauen der Polizei praktisch sofort und Hirschfelds Institut (und mit ihm das erste queere Archiv Europas) wurde im Mai 1933 geplündert und von der SA in Brand gesteckt. „Bekannte“ Schwule und Lesben wurden in den dunklen Jahren danach verfolgt, inhaftiert und in vielen Fällen in Konzentrationslagern ermordet. Nach der Befreiung vom NS-System endete die Verfolgung aber nicht: Viele Gerichtsverfahren, die noch unter Nazi-Herrschaft vor allem gegen schwule Männer begonnen wurden, setzten sich auch in Österreich nach 1945 fort – Vorstrafen wurden nicht erlassen und die Stigmatisierung blieb aufrecht. Erst 1971 schaffte Österreich das Totalverbot von Homosexualität unter Erwachsenen ab, als Opfergruppe des Nationalsozialismus wurden Schwule erst in den 1990er-Jahren anerkannt.
Die Verbrechen, die Minderheiten unter nationalsozialistischer Herrschaft angetan wurden, sind beispiellos und dürfen nicht verharmlost werden. Aber gerade für all jene, denen Vielfalt und Gleichheit heute ein Anliegen sind, ist es wichtig, die Muster zu erkennen, die dahinterstecken. Muster, die auf Ausgrenzung und Spaltung basieren. Muster, die wir auch in unserer heutigen Gesellschaft wiederfinden – überall dort, wo Herrschaft oder Herrschaftsansprüche auf einer auseinanderdividierten Gesellschaft beruhen. Es reicht ein Blick nach Polen, um genau das zu sehen: Denn es ist kein Zufall, dass in diesem Land undemokratische Strukturen, die Verfolgung politischer Gegner*innen und massiver Sozialabbau unter dem Deckmantel von Gesellschaftspolitik durchgepeitscht werden. In einem Land, in dem sich mehr als ein Drittel der Regionen als „LGBT-freie Zonen“ bezeichnen, Minderheiten verfolgt und die Reproduktionsrechte von Frauen am laufenden Band attackiert werden, können wir dieses Muster rechter Politik deutlich erkennen. Dasselbe gilt für Ungarn, wo Orban seine Umgestaltung des Staates durch Angriffe auf Roma und Sinti, sowie die LGBTIQ-Community verschleiert und wo erst Ende 2020 die Entrechtung von transidenten Personen in der Verfassung verankert wurde. Wir sehen dieses Muster in der Rhetorik und Politik Trumps genauso wie in der Herrschaft Putins in Russland und Bolsonaros in Brasilien. Und wir sehen sie auf ganz perverse Art zum Beispiel auch in den Niederlanden, wo Rechte den vermeintlichen „Schutz von Homosexuellen“ als Waffe gegen Migrant*innen und insbesondere Muslim*innen nutzen.
Diese und viel zu viele andere Beispiele zeigen, dass rechte Diskurse nicht davor zurückschrecken, Fragen von Emanzipation und Selbstbestimmung mit sozialen Fragen zu verknüpfen … wenn es ihrem Ziel der Herrschaft durch Spaltung dient. Gerade deshalb darf die Linke nicht den Fehler machen und genau diesen Diskurs der Spaltung wiederholen. Wir dürfen uns nicht hinreißen lassen, egal ob aus Mutlosigkeit, Hilflosigkeit oder Ideenarmut, ein Konzept der Spaltung zu übernehmen. Unser Zugang muss ein radikal anderer sein.
Für eine Politik der radikalen Solidarität
Als Linke müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Wir sind heute nicht die ersten, die vor der Frage stehen, wie wir soziale und gesellschaftliche Kämpfe verknüpfen können, um zu einem guten Leben für wirklich ALLE zu kommen. Die Emanzipation des Individuums, also die Möglichkeit frei und selbstbestimmt leben zu können, bedarf immer sozialer Absicherung. Das war schon Johanna Dohnal und Bruno Kreisky bewusst. Sie haben ihre gesellschaftliche Koalition ganz bewusst gestärkt, indem sie beispielsweise die Absicherung von Bäuer*innen zu einem zentralen, sozialpolitischen und feministischen Anliegen gemacht und mit traditionellen Klischees der österreichischen Innenpolitik gebrochen haben. Und diesen Zugang verfolgen heute unzählige internationale Politiker*innen und Aktivist*innen, für die es inzwischen (zum Glück) selbstverständlich ist, radikale Sozial- mit radikaler Emanzipationspolitik zu verbinden:
„Pride is about honoring the community workers, the people who work in the clinics, the community organizers, the people who work with LGBT youth, the people who are fighting to make sure it’s not just about marriage equality but about quality of life for all people in the community, everybody.“ (Ocasio-Cortez 2019)
Dies sagte zum Beispiel Alexandria Ocasio-Cortez im Zuge ihrer Rede auf einer Pride-Kundgebung in New York 2019. Damit bringt sie auf den Punkt, was linke Gleichstellungspolitik heute sein muss: Ein Projekt der radikalen Solidarität, das die Qualität jedes Lebens ins Zentrum stellt.
Etwas, das mich in diesem Zusammenhang bis heute bewegt, ist der Film Pride. Er erzählt die wahre Geschichte von Londoner Schwulen und Lesben, die im Widerstand gegen die Angriffe Margaret Thatchers auf die junge LGBTIQ-Community in den 1980er-Jahren die Solidarität mit anderen marginalisierten Gruppen finden. Sie sammeln Geld für eine Gemeinde von Minenarbeiter*innen, die durch die radikale Politik der konservativen Regierungschefin gefährdet werden und in Angst vor der Schließung der Mine leben müssen, die der ganzen Stadt eine Existenzgrundlage gibt. Zwischen diesen Gruppen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, formt sich ein Band der Solidarität, das am Ende dazu führt, dass die Minenarbeiter*innen die frühen Demonstrationen für die Rechte von Schwulen und Lesben in London unterstützen. Sie entwickeln ein Verständnis davon, dass, obwohl ihre Lebensrealitäten und politischen Forderungen verschieden sind, sie gemeinsame Opfer eines Systems der gesellschaftlichen und sozialen Unterdrückung wurden … und sie gemeinsam stärker gegen ihre jeweiligen Probleme vorgehen können. Aus den historischen Ereignissen, die diesem bewegenden Film zugrunde liegen, entwickelte sich ein Bündnis zwischen britischen Gewerkschaften und den Organisationen der LGBTIQ-Community, das bis heute andauert und für beide Gruppen große Erfolge erzielen konnte. Nicht umsonst waren es die britischen Gewerkschaftsverbände, die bis vor kurzem traditionell den Eröffnungsblock der Londoner Pride-Demonstrationen bildeten.
Genau solche Projekte gab und gibt es auch in Österreich. Eines der inspirierendsten bleibt für mich das zweite Frauen*Volksbegehren. Unter dem Motto „Eines für alle“ verfolgten die Aktivist*innen dabei einen Kurs der Inklusion in dem soziale Fragen, wie die Forderung nach gleichen Löhnen selbstverständlich und logisch neben gesellschaftlichen, wie gelebter Antidiskriminierung und gerechter Verteilung von Macht, standen. Verbunden wurden dabei Fragen von Feminismus, Migration und Sexualität mit mutiger Sozialpolitik, wie der Forderung nach einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung … für ALLE. Und dabei hat es uns genau das vorgelebt, was linke Gesellschaftspolitik tun muss: Nicht Emanzipation fördern, um möglichst viele, getrennte Gruppen nebeneinander zu bilden – sondern durch Emanzipation allen Kämpfen eine Stimme geben und genau diese Kämpfe hinter gemeinsamen politischen Forderungen zu versammeln, die das Leben aller verbessern.
Conclusio
„There is no such thing as a single-issue struggle, because we do not live single-issue lives.“ Auf dieses wegweisende Zitat von Audre Lorde bezieht sich Elisabeth Lechner und schreibt in ihrem Beitrag #EinesFürAlle – Intersektionalität im Frauen*Volksbegehren 2.0 zu recht:
„Feministische Kämpfe können sich nicht nur mit Geschlecht beschäftigen, sie müssen andere Ungleichheit generierende Strukturen und Identitätsmarker wie Race [sic!], Klasse, Nationalität, Religion, Sexualität, Alter und Behinderung mitdenken, um der Komplexität unserer ‚multi-issue‘-Leben gerecht zu werden.“ (Lechner 2020: 70)
Das Frauen*Volksbegehren und viele andere, österreichische und internationale Projekte wie dieses zeigen uns klar, dass wirksamer Kampf um soziale und gesellschaftliche Anerkennung nur Hand in Hand mit dem Kampf gegen soziale Ungleichheit funktionieren kann. Wir brauchen beide Zugänge zusammen und logisch verknüpft, um echte Veränderungen für alle Menschen zu schaffen. Wir brauchen ein Projekt der radikalen Solidarität, um ein gutes Leben für ALLE zu schaffen.
MARIO LINDNER ist Abgeordneter zum Nationalrat und Sprecher der SPÖ für Gleichbehandlung, Diversität und LGBTIQ. Seit 2017 ist er Bundesvorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo Österreich.
Literatur
Laubenburg, Frank (2021): Sahra Wagenknecht macht „skurrile Minderheiten“ verächtlich, in: Mannschaft Magazin, online unter: https://mannschaft.com/sahra-wagenknecht-widerlich-nicht-nur-vorm-hintergrund-zunehmender-gewalt-gegen-queers/ (letzter Zugriff: 22.04.2021).
Lechner, Elisabeth (2020): #EinesFürAlle – Intersektionalität im Frauen*Volksbegehren 2.0., in: Baran-Szoltys, Magdalena/Berger, Werner (Hg.): Überforderungen. Wie feministischer Aktivismus gelingt, Wien: Kremayr & Scheriau, 70–74.
Ocasio-Cortez, Alexandra (2019): Twitter-Post vom 23. Juni 2019, online unter: https://twitter.com/AOC/status/1142857778815524865?ref_src=twsrc%5Etfw (letzter Zugriff: 22.04.2021).
Schymura, Yvonne (2013): Hexensabbat für Schwule und Lesben. Der Christopher Street Day in deutschen Städten gehört zum Sommer wie die Hitze. Die erste schwullesbische Bewegung blühte im Berlin der 1920er Jahre, in: Die Zeit, online unter: https://www.zeit.de/wissen/geschichte/2013-08/homosexuellenbewegung-berlin-zwanziger-jahre/komplettansicht (letzter Zugriff: 22.04.2021).
[1] LGBTIQ steht für die Community von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, intergeschlechtlichen, transidenten und queeren Menschen – also all jenen, die durch ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht dem heteronormativen Weltbild entsprechen.
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