Festschrift für die ZUKUNFT VON CASPAR EINEM

Deckblatt der Zukunft 07/2021

Die Festschrift von CASPAR EINEM hebt die zukünftige Rolle und Funktion der ZUKUNFT hervor und betont, dass es im Rahmen sozialdemokratischer Diskussionen vor allem darum gehen wird, Argumente und Programme in die Basisorganisation von Demokratie einzubringen, um den Vertrauensverlust der Wähler*innen abzubauen …

Die Zukunft der ZUKUNFT

Was kann man von der ZUKUNFT verlangen und wer kann etwas verlangen? Man sollte von der ZUKUNFT verlangen, mit Beiträgen, die auf der Höhe der Zeit sind, zur Lösung von Fragen sozialdemokratischer Politik beizutragen. Das heißt einerseits, Befassung mit den zentralen und realen Problemen der Gesellschaft, insbesondere der Gruppen in der Gesellschaft, die auf sich allein gestellt unter die Räder des dynamischen Kapitalismus kämen. Andererseits kann es dabei nicht nur um die thematischen Probleme gehen, sondern, soll die Befassung mit den inhaltlichen Problemen relevant sein, dann muss es auch um die Institutionen, um die institutionelle Frage gehen. Was heißt das?

Wo der Beitrag der ZUKUNFT liegen kann

Wir sehen seit Jahren, dass Interessensvertretungen aller Art bei Wahlen nur wenige Mitglieder dazu bringen, auch wirklich zur Wahl zu gehen. Das gilt beispielsweise sehr deutlich für die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen oder bei den Wahlen zu den Arbeiterkammern. Bei der sogenannten „Selbstverwaltung“ in den Sozialversicherungsinstitutionen sind schon gleich gar keine Wahlen der Versicherten vorgesehen, jedenfalls keine direkten Wahlen der Versicherten. Und mittlerweile kränkeln auch schon die Wahlen zu den sogenannten „allgemeinen Vertretungskörpern“, zu Gemeinderat, Landtag, Nationalrat und Wahlen zum Europäischen Parlament. Da wird dann von der Krise der Demokratie gesprochen.

Zukunft der gemischten Service- und Politischen Institutionen

Gibt es ein gemeinsames Problem der genannten Institutionen? Ja. Die Wahlberechtigten fühlen sich in vielen Fällen nicht vertreten. Dennoch sind diese Probleme bei den allgemeinen Vertretungskörperschaften und bei ÖH, AK, ÖAMTC bzw. ARBÖ unterschiedlich gelagert und brauchen unterschiedliche Lösungsansätze. Die vier genannten Institutionen sind alle sowohl Interessenvertretungen, also politische Akteur*innen und Service-Organisationen. Den guten (oder schlechten) Ruf, den sie haben, gewinnen sie primär über ihr Serviceangebot und dessen reale Qualität. Fällt die Wahlbeteiligung von Wahl zu Wahl, neigen diese Institutionen dazu, sich sympathischer zu machen, indem sie das Serviceangebot vergrößern und verbessern. Das Problem dabei ist, dass aber nicht leicht zu erkennen ist, warum die Mitglieder bei diesen Institutionen zur Wahl gehen sollen. Die jeweilige Leistung wird von hauptamtlichen Mitarbeiter*innen erbracht. Die sind angestellt und werden nicht gewählt. Die zu Wählenden aber sind nicht die Berater*innen im Alltag. Es ist für die meisten Mitglieder nicht mehr erkennbar, dass es sich um politische Organisationen handelt, die konkrete Interessen vertreten. Aber nur die lohnten die Teilnahme bei der Wahl und das auch nur bei voller Transparenz, so dass sichtbar wird, wofür die einzelnen Kandidat*innen eintreten.

Ich habe schon wiederholt den Vorschlag gemacht, in diesen Institutionen auf Wahlen zu verzichten und stattdessen die Funktionär*innen nach dem Zufallsprinzip aus der Grundgesamtheit der Mitglieder zu generieren. Dann wäre wenigsten die Repräsentativität nicht mehr so leicht infrage zu stellen.

Parteien bzw. Interessengruppen würde es dann immer noch brauchen, um inhaltliche Programme zu erstellen und in der Gesellschaft zu vertreten, Konzepte bekannt zu machen und zu verankern. Dann hätten die nach Zufallsprinzip gefundenen Vertreter*innen außer ihrer persönlichen Überzeugungen auch die Chance, sich an Konzepten zu orientieren, die ihnen geeignet erscheinen. Dies alles zusammen könnte man als gesellschaftliches Bildungsprogramm sehen, ein Programm zur Belebung von Demokratie.

In diesem Feld wird die Funktion und Aufgabe einer Zeitschrift, wie die der ZUKUNFT, auch gleich sichtbar: Argumente und Programme in die Basisorganisation von Demokratie einbringen. Einen Beitrag zur politischen Aufklärung leisten. Helfen, sichtbar zu machen, was der Unterschied zwischen Sozialdemokratie und anderen politischen Strömungen ist – theoretisch, will heißen Theorie-gestützt.

Zukunft des Engagements in der Politik

Nun zu den politischen Vertretungskörpern und zur Funktion der ZUKUNFT: das zentrale Problem im Verhältnis zwischen den Bürger*innen und den demokratisch gewählten Vertretungskörperschaften ist, dass vielfach die Parteien, die letztlich die Volksvertreter*innen stellen, Vertrauen verloren haben. Am schlimmsten trifft Vertrauensverlust die sog. „Moralparteien“, jene Parteien, die immer schon für bestimmte Programmatiken, für bestimmtes Engagement stehen und bekannt sind für ihre politisch-moralische Orientierung. Das sind im Wesentlichen die GRÜNEN und die Sozialdemokratie. Verstöße der Spitzen solcher Parteien gegen die eingeschriebene Moral führen über kurz oder lang zum Vertrauensverlust. Vertrauen aber ist nicht nur eine notwendige Ressource, um erfolgreich Politik machen zu können. Vertrauen ist nur ganz schwer und ganz langsam wiederzugewinnen. Und vor allem nicht durch bloßes Reden, sondern nur über eine entsprechende Aktivität am Boden, von unten her mit konkretem Agieren.

Ein Beispiel: Während der Corona-Zeit startete meine Bezirksorganisation eine Aktion zur Unterstützung der Parteimitglieder im Bezirk, die Hilfe brauchten. Schon für diese Aktivität konnten sowohl Parteimitglieder, als auch andere Engagierte gewonnen werden und eine Gruppe auf Facebook. Ich habe dann vorgeschlagen, die Aktion auszuweiten und alle bedürftigen Bezirksbewohner*innen einzubeziehen, aber dafür zu sorgen, dass erkennbar bleibt, dass dies eine Aktion der SPÖ ist. So kann man Vertrauen gewinnen – auch zurückgewinnen. Und wenn im gesamten Bundesgebiet Aktionen solcher Art beobachtbar sind, dann wird wieder klar, anhand der Praxis klar, wofür die SPÖ steht.

Schluss

Und was wäre die Funktion der ZUKUNFT hier, im Vorfeld der Politik der Partei, der SPÖ? Die Zeitschrift könnte über vergleichbare Aktionen berichten und dazu beitragen, dass gegenseitiges Lernen, gegenseitige Unterstützung stattfindet. Auf dem Weg zu einem besseren Leben für alle – vor allem aber für die, die sichs nicht so leicht selber richten können.

Die ZUKUNFT ist im Jänner 2021 mit ihrem neuen Redaktionsteam aufgebrochen, um einen Unterschied zu machen, um einen Beitrag zu leisten. Er soll und kann sowohl im Angebot besserer theoretischer Grundlagen, als auch im Beitrag zur Vernetzung und Befruchtung mit guten Projekten liegen. Dann wäre er relevant.

Und das wünsche ich der ZUKUNFT zum Jubiläum!

CASPAR EINEM hat ein vielfältiges, überwiegend politisches Leben geführt und war einige Jahre auch Chefredakteur der ZUKUNFT.

Foto:

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