Mir hilft der Geist! auf einmal seh ich Rath Und schreibe getrost: im Anfang war die That! Johann Wolfgang von Goethe (1808): Faust – Der Tragödie erster Teil
Die elf Thesen über Feuerbach, die Karl Marx wahrscheinlich im Frühjahr 1845 in Brüssel notierte, stellen eine entscheidende Quelle der Arbeiter*innenbewegung und der Konstitution der Theorie des Historischen Materialismus dar. Bemerkenswert ist dabei nicht nur Marxens Diagnose, dass der (Deutsche) Idealismus die Tätigkeit der Subjekte besser erfasste als der klassische Materialismus, sondern auch die damit verbundene Auflösung scholastischer Fragestellungen im Sinne einer Philosophie der Praxis (Gramsci). Entscheidend ist dabei die Zerschlagung der scholastischen Frage nach der Wirklichkeit oder Nicht-Wirklichkeit des menschlichen Denkens, die Marx eben dadurch auflöst, dass er in der praktischen Bewährung unserer Begriffe und Theorien das einzige Kriterium für Wahrheit ausmacht. Wie sagte später Friedrich Engels unter Verwendung eines englischen Sprichworts: The proof of the pudding is in the eating.
Damit sind die Thesen über Feuerbach der entscheidende Herkunftsort moderner Handlungstheorie wie z. B. auch Pierre Bourdieu in seinem Entwurf einer Theorie der Praxis (1972) betonte. Friedrich Engels fand die Thesen 1888 in den von Marx hinterlassenen Notizbüchern und nahm sie in den Anhang seiner Schrift Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie (1888) auf. Von hier weg entfaltete sich eine bemerkenswerte Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte, die nach der russischen Revolution im Jahr 1924 dazu führte, dass einzig und allein das Archiv K. Marx und F. Engels in Moskau die fünf Manuskriptseiten als Faksimile publizierte, was auch fast 100 Jahre später eine bemerkenswerte historische Tatsache darstellt.
De facto sind also die Marxschen Handschriften nie zur Gänze im deutschsprachigen Raum erschienen, weder in der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) noch in den Marx-Engels-Werken (MEW), weshalb es für die Redaktion der ZUKUNFT eine besondere Freude ist, ihren Leser*innen mit dieser Ausgabe eben diese auf fünf Seiten faksimilierten Thesen von Marx erstmals in ihrer Gesamtheit präsentieren zu können. Weiter unten finden sich deshalb die fünf Blätter aus Marxens Notizbuch mit einer möglichst genauen und am Original orientierten Transkription, die eine historisch-kritische Diskussion am Text ermöglichen soll. Auch haben wir uns entschlossen, im Anschluss an die Handschriften und die Transkriptionen die Moskauer Transkription der Thesen aus 1924 zur Verfügung zu stellen, da sie u. a. genau angibt, wo die Unterschiede zur Übertragung von Friedrich Engels aus dem Jahr 1888 liegen.
Damit soll die Möglichkeit gegeben werden, anhand von drei Übertragungen dieser entscheidenden Quellen zu Marx und dem Marxismus eine eingehende Diskussion der Philosophie der Praxis zu beginnen. Zur weiteren Erschließung der Publikations- und Wirkungsgeschichte der Thesen sei deshalb nur auf den ebenfalls online publizierten Beitrag von Wolfgang Fritz Haug verwiesen, der die Thesen über Feuerbach akribisch analysiert und deren Rezeptionsgeschichte luzide zusammenfasst. Die Redaktion der ZUKUNFT hofft, dass mit dieser Ausgabe auch eine Diskussion zur Programmatik und Ideologie der Sozialdemokratie eröffnet werden kann. Denn wir sollten die Welt nicht nur interpretieren, sondern vor allem in einem progressiven, sozialen und demokratischen Sinne verändern!
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