Der Beitrag von HANS-JÜRGEN TEMPELMAYR-PATAY versucht im Sinne einer (sozialdemokratischen) Selbstkritik auszuloten, warum der Linken die Kritik am Politischen Islam bzw. Islamismus so schwerfällt. In diesem Kontext schlägt er einige Auswege aus den derzeitigen argumentativen Engpässen vor.
0. Einleitung
Ein Schwerpunkt in der ZUKUNFT über den Islam. Kann das gutgehen?
Schwer!Punkt.
Kann es eine Einschränkung der Betrachtung auf Österreich geben?
Vorweg: nein!
Hier die wichtigsten Gründe:
I. Erstens: Wir sind aufrechte Antizionist*innen
Eine Momentaufnahme des Islams – Moment, „den“ Islam gibt es ja nicht, (über)höre ich sofort – eine Momentaufnahme also beinhaltet unweigerlich auch den Staat Israel. Zu sehr verwoben wurde dieses Thema – auch von österreichischen Muslim*innen mit SPÖ-Mitgliedschaft – mit dem Thema Israel. Israel, der Reibebaum und Quell des eigenen Selbstverständnisses.
Mit dem Zusatzwissen, dass man seit den Auslassungen Bruno Kreiskys – ich nenne sie bewusst nach Rudolf Gelbard so – mit „Israelkritik“ bei vielen Genoss*innen Punkte und Herzchen sammelt, lässt sich trefflich über sämtliche Probleme, welche muslimische Einwanderung in Europa einbrachte, elegant hinwegturnen. Dies gehört nicht zu der an Sternstunden reichen Kanzlerschaft Kreiskys. Ist dies einmal internalisiert, kann man ungeniert, wie meine niederösterreichische Großmutter einmal meinte, „mit der Geiss über den Acker fahren“. Antirassistisch. Antikapitalistisch, Antikolonialistisch. Welcomistisch. Antizionistisch. Applaus.
Ein Auswuchs dieser kruden Komplizenschaft ist dieser Tage das wiederholte Auftreten sozialdemokratischer Jungendorganisationen u. a. mit palästinensischen und muslimischen Aktivist*innen. Unsere (jungen) „Genozidexpert*innen“ und „Kriegsverbrechenaufspürer*innen“ sind da ganz in eine UNO eingebettet, das Pickerl für Islamophilie und Israelphobie (letzteres euphemistisch ausgedrückt) ist mit den Vereinten Nationen im Hintergrund gelöst. Es ist aber – nicht nur in den United Nations – ein Phänomen unserer Zeit, Fakten durch Meinung zu ersetzen. Das zieht sich bis in sämtliche Newsrooms der „guten“ Sender und Redaktionen: Erziehungs- anstatt Informationsauftrag.
Es wird schon einen Grund haben, dass die UNO Israel öfter verurteilt hat, als sämtliche Schurkenstaaten dieser Erde zusammengenommen. Nun gut, letztere, darunter zahlreiche muslimisch geprägte, haben ja auch in der UN die Mehrheit. Israel, der „Jude unter den Staaten“. Sohin fühlen sich viele Muslim*innen verstanden. Und sie sind ja Wähler*innen.
II. Zweitens: Wir sind Faktennichtchecker*innen
Die trockenen Fakten und die Vorgeschichte der Entwicklung des Islams in Österreich sind bekannt. Teilweise. Die „Türkenbelagerung“ wird aus Rücksicht auf die Schüler*innen mit muslimischem Hintergrund im Unterricht eher verhalten dargebracht. Im Historischen Museum detto. Wir sind inklusiv. Was allerdings den muslimisch geprägten, Jahrhunderte andauernden Kolonialismus, die Eroberung und Missionierung weiter Teile Afrikas und Asiens, bis nach Südosteuropa betrifft, schweigen wir und widmen uns lieber der Entkolonialisierung Frankreichs, Spaniens und Großbritanniens. Da ist man auf der sicheren Seite. Auch, was den Sklavenhandel betrifft.[1] Nicht nur den Jahrhunderte andauernden muslimischen Sklavenhandel, auch den weitverbreiteten innerafrikanischen blenden wir in unserem bequemen Opfernarrativ aus.

WELTGESCHICHTE DER SKLAVEREI VON EGON FLAIG
Berlin: becksche reihe
238 Seiten| € 12,11 (Taschenbuch)
ISBN-13: 978-3406584503
Erscheinungstermin: 17. März 2009
Ebenso zurückhaltend ergeht es der Shoah in zahllosen Schulen mit qualifizierten muslimischen Schüler*innenanteilen. Dem muss man sich stellen. Sollte man. Whataboutism („aber die Rechten …“) wird hier gerne geduldet. Schüler*innengruppen, die sich bei Besuchen in Konzentrationslagern in allen Wortbedeutungen „aufführen“ – Lachen und Schlimmeres –, sind zahlreich dokumentiert, darüber wird aus „Rücksicht“ nur unter der Hand berichtet. Natürlich betrifft dies auch Schüler*innen ohne Migrationshintergrund. Es geht hier allerdings um die Trefferquote. Sämtliche Umfragen der letzten Jahre attestieren einen rasanten Anstieg des muslimischen Antisemitismus.[2] Ein sichtbares Gegensteuern der muslimischen Gesellschaften, Glaubensgemeinschaften, Vereine und, was besonders schmerzt, Abgeordneter muslimischen Glaubens hierzulande, kann man suchen. Man wünschte sich hier so viel Impetus, Demonstrationen, Gastkommentare etc. wie bei Demonstrationen gegen Israel. Viel Glück.
Dem muss man sich stellen. Wir hingegen stellen uns diesem Phänomen tapfer, indem wir gleichzeitig an den Gedenktagen in Mauthausen Fahnen schwingen, aber genauso auf Pro-Palästina-Demonstrationen. Es handelt sich doch wie im 2. Weltkrieg um zwei gleichberechtigte „Streithähne“. Einige dieser Aktivist*innen treten in Mauthausen sogar mit einer Kufiya auf. Das verstehen viele politisch bewegte (junge) Menschen als „Nie Wieder“. Man könnte es auch Folkloreantifaschismus nennen. Mit einem gehörigen Schuss Antisemitismus. Die muslimischen Groupies? Gut in Österreich integriert.
III. Drittens: Wir sind Meinung …
Es sind vor allem jene, also auch die oben Genannten, die angesichts der „offensichtlichen Taten“ sofort das Argument der „validen Daten“ im Munde führen. Es fehle an sogenannten „validen Daten“, die Studie sei zu hinterfragen, die Methoden nicht seriös genug und am Schluss: Es werden „Vorurteile“ geschürt (siehe Moscheenstudie). Das folgende Scherbengericht stellt dann den gewünschten Zustand wieder her. Forscher*innen, die über valide Daten verfügten, werden einfach in ihrer Methodik angegriffen. So geht es auch. Ob Jugendforschung oder Studien über die Zustände in vielen Moscheen. Es gibt nicht den „Islam“, was auch immer das bedeuten soll? Was man damit bezwecken will, ist nur zu durchschaubar. Währenddessen werden neuerdings „Messerverbotszonen“ ausgeweitet, an die zahllosen Poller in europäischen Innenstädten und(Weihnachts-)Märkten haben wir uns gewöhnt.
Mit den Worten „Gelobt sei Jesus Christus“ oder „Baruch Hashem“ ist indes noch kein Gläubiger in Menschenmengen gerast. Doch Obacht, es war nie ein Gläubiger einer bestimmten Religionsgemeinschaft, es war immer ein „Auto“. Der Täter hatte aber nur etwas falsch verstanden. Es hat nichts mit … – sie wissen schon – zu tun! Der moderne woke Journalismus lügt nicht. Nein, er hat nur das System der Auslassung perfektioniert. Meinungen ersetzen in immer größerem Ausmaß überprüfte Fakten.
Bringt ein vernünftiger Mensch Fakten, wird das zu Meinung umgedeutet und die Person schnell einmal (inoffiziell) gecancelt. Ob Arik Brauer oder Alice Schwarzer, als pars pro toto. Naht der rechtskräftige Pensionsbescheid oder das verdiente Ende einer Politkarriere – nota bene – im sich links lesenden Bereich, folgt oftmals mutig ein Buch. Zum Beispiel jene von Jens Buschkowsky, dem langgjährigem SPD-Bezirksbürgermeister des Dauer-Problembezirkes Neukölln in Berlin,[3] und Christian Ude[4], dem SPD-Bürgermeister von München. Selbstverständlich wurden sie sofort bei der AfD verortet. Nicht so schlimm, wie Thilo Sarrazin, aber immerhin. Allen Kritiker*innen gemeinsam ist, dass die Häufigkeit der problemebereitenden Personen bzw. Täter (m), in einer Religionsgemeinschaft sozialisiert worden zu sein, infrage gestellt wird. Viele unserer Mitstreiter*innen führen auch da sofort den Begriff „Islamophobie“ im Munde, nicht wissend, dass dieser von Ayathollah Khomeini erfunden wurde, um sämtliche Kritiker*innen an der Einführung islamischer Gesetze und Vorschriften mundtot zu machen. Womit wir den nächsten abstrusen (Gleich-)Schritt mit Islamisten gehen können: Islamophobie auf Augenhöhe mit Antisemitismus zu stellen. In der heftigen Kritik am Katholizismus in den 1980er-Jahren waren wir hemmungsloser. Jeder neue Cartoon von Manfred Deix war (zu Recht) zum Schenkelklopfen. Am Ende meinte Letzterer: Über Muslime mache ich keine Cartoons, ich bin nicht lebensmüde.
IV. Viertens: Wir sind „Anti“
In der Antirassismusarbeit ist eine gehörige Portion an kognitiver Dissonanz zu den vorzufindenden Zuständen kein Makel. Ein Schuss moralischer Hochbegabung rundet meist sogenannte „Antirassismusarbeit“ ab. Das war schon Ende der 1990er-Jahre so, als ich mit Seminaren für Polizeibeamte in Österreich Pionierarbeit geleistet hatte (NGOs und Police against prejudice, eine Kooperation der Volkshilfe Österreich mit dem Innenministerium). Es lief ganz gut, bis die empfohlenen Gäste aus dem muslimischen Bereich ihren Auftritt hatten. Mit Flüchtlingshelfer*innen und Betreuer*innen (auch Muslim*innen) lief es runder.
Von vornherein war vielen „Gästen“ klar, wer an den zahlreichen aufbrechenden Problemen in den europäischen Gesellschaften schuld zu sein hatte, insbesondere in Österreich. Nämlich die Aufnahmegesellschaft. Selbstkritik? Fehlanzeige. Wir denken in Nullen und Einsen! Interessanterweise war Selbstkritik bei der Exekutive selbstverständlich Teil des Lehrplanes. Seitdem ist der Meinungskorridor dessen, was politisch korrekt, antirassistisch, feministisch, queer, weisssein ist, nur mehr enger geworden. Gemäß den Gesetzen der Physik wurde die Durchflussgeschwindigkeit gleichzeitig mit dem Druck größer. Schuld seien die Rechtspopulist*innen, die mittlerweile durch Verschiebung der Mitte nach „links“ durchwegs Rechtsextremist*innen zu nennen seien. Eine vernünftige Weltanschauung der Mitte aus den, sagen wir, Umbruchsjahren 1989ff. bis zu Merkels berühmten Satz 2015, liegt heute weit außerhalb des erlaubten Meinungskorridors. Asterix wird im Fernsehen mit einer Triggerwarnung versehen und mit dem Schlusssatz verziert: „Wir senden es trotzdem in der Originalversion, auch, wenn es damals, wie heute falsch war/ist“. Kinderbücher sind mittlerweile alle umgeschrieben, Winnetou halten wir lieber raus. Nur John Cleese (Monty Python) benimmt sich noch störrisch. Und natürlich Joanne K. Rowling.
Was aber heute den gelebten Antifaschismus eint, ist das Triptychon Islam, Rassismus und Israel. Sie sind heute untrennbar geworden. In Israel scheinen Rassismus, Militarismus, Kolonialismus, Kapitalismus und noch ein paar Ismen vereint. So ist das überbordende Engagement gegen den einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten zu erklären. Israel ist der gemeinsame Nenner von Islamist*innen, Gaza-Flottenkapitän*innen, mehr oder weniger friedlichen Muslim*innen, vielen Linken sowie Antirassist*innen und Antikolonialist*innen. Reicht Antizionismus nicht aus, muss Netanjahu herhalten. Antisemitismus ist angeblich nicht dabei.
V. Fünftens: Wir sind bunt
Als langjähriger ehem. stellvertretender Leiter der Wiener Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde war mir schon in den Nullerjahren klar, wohin die Reise gehen wird. Wir haben in Folge nicht den Kopf in den Sand gesteckt, schlimmer, wir haben den Sand in den Kopf geschaufelt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Kickl und Weidel sind mindestens doppelt so stark in den Umfragen wie die sozialdemokratischen Parteien. Das sollte zu denken geben. Den Menschen ist es scheinbar egal, wenn jene keine Lösungen haben und wir mit Problemleugnung Nabelschau betreiben. Einwanderung ins Sozialsystem, bildungsaverse Einwanderung. Einwanderung auf dem Asylticket zahlloser verlorener junger Männer. Na und. Für eine menschliche Politik. Die Demografie? Aber geh! Rassist! Die Amtsverschwiegenheit ist ein gefügigmachendes Damoklesschwert. Nur so viel: Zahllose, nicht alle, Interventionen aus der Politik endeten in einer fehlenden Vollmacht, aus dem Akt zitieren zu dürfen. Bei Medienvertretern der „guten“ Medien detto. Wehren kann sich die Behörde ohne Amtsmissbrauch zu begehen nicht (auch hier gilt: Nicht in allen Fällen waren die Berichte falsch, aber sehr oft durch relevante Auslassungen einer Agenda geschuldet). Über ein umfassendes „Kund*innenservicezentrum“, das sogenannte ausgerissene Fälle mit viel Herzblut auf Spur brachte, wurde nicht berichtet. Mit mehrmals abgeschobenen Eltern und lebenslang mit einem Dutzend Kindern im Sozialsystem kann man in der SPD schon einmal Staatssekretärin mit Vorliebe für Uhren von Rolex und antiisraelischem Dauerengagement werden. Nicht nur dort.
Indes hat die Einwanderungsbehörde, nachdem ich es auf Konferenzen in Kanada begutachten konnte, Orientierungsgespräche für Neuankömmlinge in zahllosen Sprachen und eine dazugehörende Willkommensmappe entwickelt. Es tat und tut sich also etwas. Dies betrifft den Verantwortungsbereich der Stadt Wien in der mittelbaren Bundesverwaltung. Das Asylwesen ist fast reine Bundesangelegenheit. Wie immer. Die Menge konterkariert sämtliche Bemühungen. Und man muss es sagen. Unsere autochthonen Muslim*innen sind eher rudimentär eine Hilfe und oft zu sehr mit Israel beschäftigt.
VI. Sechstens: wir werden realistisch
Interessanterweise beginnen gerade die nordischen Sozialdemokrat*innen den Sand aus dem Kopf zu kratzen . Sie haben erkannt, dass Probleme zu leugnen, Probleme nicht löst. Und: Dass man das Feld nicht den erstarkten Rechtspopulist*innen überlassen kann. Diese haben keine Lösung für das Offensichtliche, aber sie sprechen oft die richtigen Themen an. In Letzterem, den Kampf gegen das Ansprechen der richtigen Themen, haben wir uns in den letzten Jahren geradezu verbissen. Ein Beispiel: Als ich feststellte, dass im Amt die Übergriffe durch unsere Kunden drastisch zunahmen, wurde ich – damals gab es das Wort noch nicht – als rechts „geframed“. Am Ende aus dem Amt gejagt. Heute sorgt ein externer Sicherheitsdienst für Ordnung. Es gibt Notalarmknöpfe in vielen Ämtern. Schleusen und Durchsuchungen sind Standard. Und es liegt nicht an den Zeugen Jehovas. Dem muss man sich stellen.
Wie kann das sein, dass wir sehr viele gewaltaffin sozialisierte – vor allem – Muslime ins Land lassen? Und wiederum: Wenn Donald Trump bei der UNO ausspricht, dass fast 40 % der Gefängnisinsassen in Österreich Zuwanderer sind, kann nicht sein, weil – richtig – es von Donald Trump kommt. So war es mit Haider, so war es mit Strache, so ist es mit Kickl.
Ich habe mehr als hundert Seminare geleitet, in welchen ich unseren Funktionär*innen aufzeigen wollte, dass Rechtspopulist*innen keine Lösungen anbieten und mit welchen verkürzten Tricks sie auch arbeiten. Ich nannte die Veranstaltung: Die Rechtspopulisten und ihre Rhetorikschmähs. Einladungen in Europa folgten. Ich kann mich noch gut an den zivilisierten Schlagabtausch mit dem damaligen bayrischen Innenminister Beckstein im deutschen Fernsehen erinnern. Heute wäre eine solche Diskussion unmöglich. Man hat einander noch zugehört. Ich war damals u. a. der linke Widerpart. Anschließend waren wir Abendessen. Aber noch immer nicht einer Meinung.
Ein weiterer Fehler ist meiner Meinung nach der Satz vom Schmied und vom Schmiedl. Wenn wir bestimmte Themen übernehmen, bleiben die Menschen bei der Hardcoreversion. Im Gegenteil. Sie bleiben, weil sie Placeboaktionen durchschauen. Der streichelweiche Umgang mit Islamisten, Kriminellen und Gewalttätern (v. a. sexueller Art) ärgert auch die Mehrheit der integrierten Muslim*innen. Die haben kein Problem damit, wenn die Statistiken bezüglich Straftaten anhand einer Religionszugehörigkeit veröffentlicht werden. Nur so kann gezielt gegengesteuert werden. Und zwar vernünftig. So vernünftig, dass die Wähler*innenzahlen wieder in die Höhe gehen. Mit einer bedingten Strafe aus dem Gerichtssaal schlapfen und sich grinsend mit seinen Talahons abklatschen, konterkariert sowohl die Individual- als auch die Generalprävention wie sie im Strafrecht vorgesehen sind.
Wie die unkontrollierte Buntheit sich auf das Berufsleben auswirkt, darüber können Schulleiter und Lehrer Geschichten erzählen. Wenn mann ihnen denn zuhört. Wiens Pflichtschulen finden keine Leitung mehr, stand vor Kurzem in den Medien zu lesen. Ich zitiere aus der Presse:
„Wie dramatisch die Lage wirklich ist, zeigen aktuelle Zahlen, die Bildungsstadträtin Bettina Emmerling (Neos) auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Felix Stadler (Grüne) vorlegte. Im vergangenen Schuljahr waren in Wien 27 Direktionen neu zu besetzen. Die Stadt zählt über 400 öffentliche Pflichtschulen. Trotzdem fanden sich bei den meisten ausgeschriebenen Stellen kaum Interessenten. In vielen Fällen gab es nur eine einzige Bewerbung, selten zwei oder drei. Besonders drastisch zeigt sich die Situation bei sechs Schulen. Dort ging keine einzige Bewerbung ein. Diese Standorte konnten deshalb nicht nachbesetzt werden. Noch deutlicher wird die Misere bei den interimistischen Leitungen. In 37 Schulen führt derzeit niemand offiziell die Geschäfte. Der größte Teil dieser Übergangslösungen dauert bereits ein oder zwei Jahre an. An einer Schule in Rudolfsheim-Fünfhaus herrscht sogar seit dem Jahr 2017 eine bloß vorläufige Leitung. Dort fehlt seit mittlerweile acht Jahren eine fixe Schulleitung.“[5]

HEIMATLAND ZÄHNE ZEIGENGEGEN DIE FEINDE DER DEMOKRATIE VON GÜNER YASEMIN BALCI
Berlin: Berlin Verlag
320 Seiten| € 24,00 (Gebundenes Buch)
ISBN-13: 978-3827015259
Erscheinungstermin: 1. August 2025
Rufe für mehr Sozialarbeit sind dann meist business as usual. Die wahre Ursache wird vernebelt. Beginnt man „Zeichen“ zu setzen, z. B. mit dem Kopftuchverbot für kleine Mädchen, sind die Tageszeitungen mit Gastkommentaren unserer aktiven Muslim*innen voll. Dem Problem stellen sie sich (und auch wir) eher nicht. Realismus ist aber nicht sonderlich beliebt in der wohligen Blase. Dies hat z. B. auch die Dokumentarfilmerin mit türkischen Wurzeln und Integrationsbeauftragte aus Neukölln/Berlin, Güner Balci zu spüren bekommen. Sie hat absolut kein Verständnis für linksgerichtete Aktivist*innen, die mit Islamist*innen und Hitlerfreund*innen gemeinsam demonstrieren. Feministinnen, die Kopftücher befürworten, bezeichnet sie als wohlstandsverwahrlost und einen Katalysator für Parallelgesellschaften und Geschlechter-Apartheid. Außer Kontrolle geratene Integration muss nicht sein. Dass sie die Menschen liebt, wird ihr im Reflex abgesprochen. In der Süddeutschen Zeitung und der Zeit erzählt sie, warum sie ihren Töchtern den Besuch bestimmter Schwimmbäder verbietet.
In ihrem Buch Heimatland[6] spiegelt sich Versöhnung mit Abrechnung und persönlicher Geschichte. Übrigens wählte die Mehrzahl der integrierten Muslim*innen in Neukölln die CDU. Das sollte zu denken geben.
VII. Siebentens: Conclusio
Noch aber ist es nicht zu spät …
Literatur
- Aslan, Edan/Kramer, Michael (2025): Islamischer Antisemitismus. Studie zu muslimischen Moscheegemeinden in Österreich, Wiesbaden: Springer.
- Budischowsky, Jens (2012): Neukölln ist überall, Berlin: Ullstein.
- Flaig, Egon (2009): Weltgeschichte der Sklaverei, München: Beck.
- Güner Yasemin (2025): Heimatland. Zähne zeigen gegen die Feinde der Demokratie, Berlin: Berlinverlag.
- Louis, Chantal (2025): Güner Balci: Mein Heimatland, online unter: https://www.emma.de/artikel/wir-duerfen-unser-land-nicht-den-extremisten-ueberlassen-341897 (letzter Zugriff: 01.10.2025)
- O. A. (2025): Führungskrise in Schulen: Fast niemand will Direktor werden, in: oe24 vom 23.09.2025, online unter: https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/fuehrungskrise-in-schulen-fast-niemand-will-direktor-werden/649808645 (letzter Zugriff: 01.10.2025).
- Ude, Christian (2017): Die Alternative, München: Knaus.
- HANS-JÜRGEN TEMPELMAYR-PATAY
- geb. 1963, studierte u. a. Geschichte bei Erika Weinzierl mit Schwerpunkt Zeitgeschichte und verfasste seine Diplomarbeit über die Vorgeschichte des Neudörfler Parteitages 1874. Er war u. a. Mitarbeiter der USC Shoah Foundation (Lebensinterviews mit Shoahüberlebenden), Mitarbeiter am Handbuch des Rechtsextremismus (DÖW) und langjähriger Generalsekretär der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft (ÖIG).
[1] Vgl. Flaig, Egon (2009): Weltgeschichte der Sklaverei, München: Beck.
[2] Vgl. Aslan, Edan/Kramer, Michael (2025): Islamischer Antisemitismus. Studie zu muslimischen Moscheegemeinden in Österreich, Wiesbaden: Springer.
[3] Vgl. Buschkowsky, Jens (2012): Neukölln ist überall, Berlin: Ullstein.
[4] Vgl. Ude, Christian (2017): Die Alternative, München: Knaus.
[5] Vgl. O. A. (2025): Führungskrise in Schulen: Fast niemand will Direktor werden, in: oe24 vom 23.09.2025, online unter: https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/fuehrungskrise-in-schulen-fast-niemand-will-direktor-werden/649808645 (letzter Zugriff: 01.10.2025).
[6] Balci, Güner Yasemin (2025): Heimatland. Zähne zeigen gegen die Feinde der Demokratie, Berlin: Berlinverlag. Vgl. dazu auch den aktuellen Bericht in der EMMA vom 06. September 2025: Louis, Chantal (2025): Güner Balci: Mein Heimatland, online unter: https://www.emma.de/artikel/wir-duerfen-unser-land-nicht-den-extremisten-ueberlassen-341897 (letzter Zugriff: 01.10.2025).
