Als Genosse Hugo Pepper am 1. September 2011 verstorben ist, verloren die jungen und alten sozialistischen Freiheitskämpfer*innen, die SPÖ und der ÖGB einen bedeutenden Widerstandskämpfer gegen den Austrofaschismus, das terroristische Naziregime und dessen verbrecherischen Krieg. Sie verloren aber auch einen umfassend informierten und unbestechlichen Zeitzeugen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im 20. Jahrhundert und einen begabten Lehrer und Vortragenden. Hugo Pepper stand stets klar und unmissverständlich zu den Prinzipien des demokratischen Sozialismus und war damit häufig ein Unbequemer. Das Erinnern an ihn und seine Prinzipien sollten uns heute helfen, politische Fehler zu vermeiden und die Herausforderungen der Zeit zu meistern.
Doch zunächst zum Leben, den Kämpfen und der Arbeit von Hugo Pepper. Geboren wurde Hugo 1920 als Sohn eines kommunistischen Straßenbahners. Bereits als Mittelschüler nahm er Kontakte zu sozialistischen und kommunistischen Jugendgruppen auf. Er erlebte das Verbot der Linksparteien, die blutigen Ereignisse des 12. Februar, den aussichtslosen Kampf des republikanischen Schutzbunds gegen die Übermacht des Bundesheers und der Heimwehr und die Hinrichtung von Genossen, u. a. von Karl Münichreiter, den verwundeten Hietzinger Schutzbundführer, den die Dollfuß-Faschisten auf einer Bahre zum Galgen schleppten. Sofort nach der Niederlage des Schutzbunds agierte er verbotener Weise gegen den Austrofaschismus und die Wühlarbeit und terroristischen Umtriebe der österreichischen Nazis, die den Anschluss an Hitlerdeutschland forderten. Nach der Okkupation Österreichs 1938 durch die Nazis wurde Hugo von der GESTAPO verhaftet, verhört und des Hochverrats und der Geheimbündelei angeklagt. Er hatte Glück, das Verfahren wurde eingestellt und er als „Nichtwehrwürdiger“ entlassen. Hitler löste dann mit dem militärischen Überfall auf Polen den 2. Weltkrieg aus und Hugo wurde 1940 zur Wehrmacht eingezogen. Er musste am Angriffskrieg gegen Jugoslawien und die Sowjetunion teilnehmen. Eine schwere Erkrankung rettete ihn vor der Teilnahme an der Schlacht um Stalingrad.
Nach seiner Genesung kam er zur Ersatztruppe nach Brünn. Hier organisierte er mit anderen antinazistischen Soldaten eine militärische Widerstandsgruppe. Gegen Ende 1944 wurde Hugo Pepper in den Raum Amstetten verlegt. Sofort wurde auch hier ein Stützpunkt des Widerstands aufgebaut und es wurden Waffen und Munition organisiert. Im April 1945 griff die Gruppe das GESTAPO-Büro in Wallsee an und befreite einen verhafteten Soldaten. Im Kampf fielen drei ihrer Kameraden. Doch eigentliches Ziel der Gruppe war, die vorgesehene Sprengung der Donaubrücken durch die SS zu verhindern, was auch gelang.
Nach der Niederlage Nazideutschlands verschlug es Hugo nach Kärnten. Dort wurde er von der Roten Armee verhaftet und drei Monate als „nazideutscher Offizier“ in Haft genommen. Nach Abzug der Roten Armee aus Kärnten und der Übergabe Hugo Peppers an die Briten wurde er bald entlassen und kehrte nach Wien zurück. Im Österreichischen Gewerkschaftsbund fand er ein weites Feld für sinnvolle politische Arbeit. Hugo war ein begnadeter Redner. Seine Sprache war klar verständlich und kultiviert. Seine Vorträge, seine antifaschistischen Seminare und seine Gespräche mit Lehrlingen und Schülern waren verständlich und überzeugend. Er war zu Hause in der Welt der Bücher. Er kannte die Werke von Marx und Engels sowie anderer sozialistischer Denker und Politiker. Er hat höchst verdienstvoll die Herausgabe der Werke von Otto Bauer betreut, dem wohl bedeutendsten Vertreter des Austromarxismus und Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei in den 1930er-Jahren. Er liebte die Literatur, besonders das Schaffen von Kurt Tucholsky.
Hugo Pepper wurde 1992 zum Bundesvorsitzenden der Sozialistischen Freiheitskämpfer*innen gewählt. Vorher leitete er die Hietzinger Freiheitskämpfer*innen. Ich sah in Hugo einen Sozialisten, der den Interessen unserer Klasse und ihrer historischen Mission tief und kämpferisch verpflichtet war. Sein Motto, „Der Widerspruch verändert die Welt“ hat auch dazu geführt, dass Hugo Pepper immer seine Stimme erhob, wenn es zu Fehlentwicklungen in seiner SPÖ kam.
Würde Hugo Pepper heute unter uns sein, dann würde er als eine der größten politischen Herausforderungen besonders für uns Freiheitskämpfer*innen den Kampf gegen die aktuellen Bewegungen und Parteien in Österreich und in Europa nennen, die offen oder geschickt versteckt rechtsextreme, neofaschistische, rassistische, antisemitische und fremdenfeindliche Positionen vertreten. Er würde uns und unsere Partei aufrufen und ermuntern, diesen Gefahren für die Freiheit, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Menschenwürde und für den Weltfrieden entschlossener als bisher entgegenzutreten. Er würde aufzeigen, dass wir diesen Kampf nur dann gewinnen können, wenn wir den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus erkennen und bewusst machen. Kapitalismus ist nie krisensicher. Immer öfter wird er von Krisen erschüttert, die er selbst verursacht. Die Folge sind Kündigungen, Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Not für die Arbeiterklasse.
In einer solchen Situation haben antidemokratische und faschistische Agitation ihre Chance, die Massen zu erreichen. Rechtsradikale und Faschisten behaupten dann, nur eine starke Hand, ein starker Führer und nicht der revolutionäre Protest der Arbeiterklasse oder die Demokratie seien in der Lage, das Ruder herumzureißen und die Not zu beseitigen. Faschisten retten so als Komplizen des Kapitals deren Ausbeutungsverhältnisse mit diktatorischem Terror. Dieses Komplizentum zwischen Kapital und Faschismus mit seinen schmerzlichen Folgen haben uns die Faschismen in Spanien, Italien, Deutschland im 20. Jahrhundert und 1973 in Chile deutlich vor Augen geführt. Hugo würde uns sagen: Kapitalismus führt zum Faschismus. Unser Kampf für den demokratischen Sozialismus, für eine klassenlose Gesellschaft ist gleichzeitig ein Kampf gegen den Faschismus. Hugo Pepper hat diesen Kampf bis zu seinem Tod geführt. Hugo soll uns ein Beispiel sein.
ALFRED „ALI“ KOHLBACHER
ist Aktivist in der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft, im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, im Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, Opfer des Faschismus und aktiver Antifaschisten und in der Initiative für eine sozialistische Politik der SPÖ. Er ist in der SPÖ Hietzing aktiv.
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